Holtenauer Geschichte

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Der Bau der neuen Schule

In dem Jubiläumsheft zum 250jährigen Bestehen der Holtenauer Schule ist über die Vorgeschichte des Schulneubaus folgendes zu lesen:

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Aus der Schule geplaudert

Der gerade Weg ist nicht immer der kürzeste

Als ich im Frühjahr 1951 an der Holtenauer Schule meinen Dienst antrat, waren die Raumverhältnisse bei weitem nicht so üppig wie heute. Durch die Zuwanderung vieler Heimatvertriebener belief sich die Schülerzahl auf über 800. Da aber insgesamt nur 12 Klassenräume zur Verfügung standen, 8 im heutigen Altbau und 4 in einer alten Wehrmachtsbaracke, die nach dem Kriege dort, wo sich heute der Fachklassentrakt erhebt, aufgestellt worden war, mußte Schichtunterricht erteilt werden, teilweise sogar in drei Schichten. Geheizt wurde mit riesigen >>Kanonenöfen<<, und die damalige Hausmeisterin, Frau Dibbern, hatte alle Mühe, im Winter die Räume warmzuhalten. Waren die Klassenräume im Altbau in einem für die Verhältnisse nach dem Kriege noch zufriedenstellenden Zustand, so kann man die Lage in den Barackenräume schlichtweg als katastrophal bezeichnen; die Außenwände waren nicht isoliert, und zentimenterbreite Spalten gewährten Wind und Regenwasser freien Eintritt. Schon seit Anfang der 50er Jahre wurden daher seitens der Schulleitung wiederholt Hilferufe an die Stadt Kiel abgesandt. Da aber an anderen Kieler Schulen die Lage wohl nicht besser war, wurden die Holtenauer immer wieder vertröstet.

Dann passierte aber etwas Merkwürdiges: Im Herbst 1959 sollte wie in den Jahren zuvor das Erntedankfest gefeiert werden. Veranstalterin war die Kirchengemeinde Holtenau, die Schule stellte Gelände und Schulräume zur Verfügung. Zum Abschluß des Festes sollte in einem Klassenraum eine Kaffeetafel mit geladenen Gästen und Helfern gerichtet werden. Prominenteste Gäste sollten der damalige Kultusminister und seine Ehefrau sein. Mir eröffnete dann der Schulleiter, Herr Tamm, daß ich zur Kaffeetafel Tischherr der Frau des Kultusministers sein sollte. Wie erstaunt war ich aber zunächst, daß die Kaffeetafel just in dem desolatesten Klassenraum der Schule stattfinden sollte: an der Wetterseite der Baracke.

Dann war es soweit: Auf dem Schulhof versammelte man sich zunächst zu Vorführungen, Tanz und Tombola. Das Wetter war nicht besonders gut, es war herbstlich kalt und windig. So war man froh, daß man sich zur Kaffeetafel in die Baracke begeben konnte. Der Raum war geheizt, in der Nähe des Ofens herrschten wohl so um die 30 Grad Celsius. Wir waren an die Außenwand plaziert worden und spürten nichts von der Wärme. Der Wind pfiff durch die Ritzen, und zu allem Unglück (oder war es Glück?) öffnete der Wettergott auch noch seine Schleusen und ließ den Regen nur so an die Außenwände prasseln. Als ich gelegentlich nach unten blickte, sah ich, daß sich um die Füße meiner Tischdame ein richtiger See bildete. Dann erschienen auch noch Schülerinnen mit Eimer und Feudel und begannen, an dem Tage natürlich besonders eifrig, zwischen den Beinen der Gäste umherzufeudeln. Und die trugen es mit Fassung!

Um es kurz zu machen, einige Zeit später wurde der Startschuß zum Bau der neuen Schule gegeben. Ob es sich damals um ein Zweckbündnis zwischen Schule und Kirche (und u.U. dem Wettergott) gehandelt hat, will ich nicht behaupten; die Frage können Herr Pastor Richter und Herr Direktor Thamm leider nicht mehr beantworten.

Karl-Heinz Pentz

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Quelle: Grund- und Hauptschule Holtenau: Grund- und Hauptschule Holtenau 1741 — 1991, Kiel 1991, S. 22f.

Siehe auch:

© Bert Morio 2019 — Zuletzt geändert: 19-07-2019 13:46

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