Julius Nachtigall war Hauptsturmführer
der Holtenauer SA, was dem Dienstrang
eines Hauptmanns entspricht. Den Holtenauern ging in diesem
Zusammenhang auch oft der Spruch Nachtigall, ick hör dir
trapsen!
über die Lippen.
Abb.:
Julius Nachtigall (Mitte) als Ratsherr 1965.
Einige interessante Betrachtungen über Nachtigall und wie die Entnazifizierung
in der Nachkriegszeit ablief,
finden sich in Ingelene Rodewalds
autobiografischen Buch Als der Krieg zu Ende war
1 über die
letzten Kriegsjahre und die erste Nachkriegszeit in Holtenau:
Die Entnazifizierung von Herrn Nachtigall, der SA-Sturmführer in Holtenau gewesen war, verlief völlig anders. Jeder Holtenauer kannte ihn, wenn er mit seinem SA-Trupp durch die Straßen marschierte. Er übte seine Funktion leidenschaftlich aus. Oft sah ich zu, wenn er auf dem Schulhof seine SA-Leute antreten ließ. Immer stramm: links - zwei - drei - vier! Vorwärts. Marsch!3
Mit lautem Gesang marschierte der SA-Trupp in Richtung Klausdorf oder Birkenmoor. Seine Frau stand oft auf dem Bürgersteig und sah ihrem Mann begeistert zu. Sie hatte nicht einmal ihre weiße Schürze abgenommen und begleitete die Truppe beim Abmarsch bis Bäcker Höft.
Dann kehrte sie um und ging nach Haus. Im Krieg schrieb Herr Nachtigall noch Briefe an seine Kameraden, durchzuhalten und nicht aufzugeben. Bei der Entnazifizierung wurde er als nicht belastet eingestuft und kam ins Rathaus in die Bauabteilung.
[…]
Lehrer Hamann2, der sich für die bedürftigen Familien in Holtenau eingesetzt hatte, verlor seine Existenz und hängte sich in seiner Scheune auf.
Ein SA-Hauptsturmführer wurde ins Rathaus befördert und erhielt eine wichtige Position. Das löste in Holtenau staunendes Unverständnis aus
Nachtigall wurde nach dem Krieg Mitglied der CDU und Kieler Ratsherr.
© Bert Morio — Zuletzt geändert: 02.09.2025