Holtenauer Geschichte

Home - Index - News - Updates - Impressum

Die Holtenauer Platanenallee

Holtenauer Kaufhaus Abb.: Blick in die Kanalstraße und den Lotsenweg. Die Platanen auf der rechten Seite wurden inzwischen abgeholzt.

Seit nahezu einhundert Jahren hält sich das Gerücht, daß die Holtenauer Platanenallee ein Geschenk des japanischen Tenno anläßlich der Eröffnung des Kaiser-Wilhelm-Kanals sei. Gewiß ist jedoch, daß diese mächtigen Platanen etwas ganz besonderes sind, alleine schon wegen ihrer Größe und der Tatsache, daß es sich um die am nördlichsten gelegene Platanenallee Europas handelt.

Die Platanenallee als Teil des national bedeutsamen technischen Denkmals Nord-Ostsee-Kanal ist mit ihren einhundert Jahren die älteste bekannte Allee ihrer Art in Schleswig-Holstein. Nach aktuellem Kenntnisstand stellt sie die nördlichste noch erhaltene historische Platanenallee auf dem europäischen Festland dar.1

Kaiser Yoshihito Abb.: Kaiser Yoshihito, der Taisho-Tenno.

Aber was hat es nun mit dem japanischen Kaiser auf sich? Es geht die Mär, der damalige japanische Kronprinz Yoshihito (der spätere Taisho-Tenno) hätte anläßlich eines Deutsch­landbesuchs die Schenkung vorgenommen, aber kann das stimmen? Dazu ist zu sagen, daß sich der Kronprinz aufgrund einer geistigen und körperlichen Behinderung infolge einer Hirnhautentzündung nur ganz selten in der Öffentlichkeit zeigte und sich zum angeblichen Zeitpunkt der Schenkung die Beziehungen zwischen dem deutschen und dem japanischen Kaiserreich stark abgekühlt hatten. Zudem wäre der 1879 geborene Kronprinz wohl zum Zeitpunkt der Schenkung zu jung gewesen.

Prinz Fushimi Hiroyasu Abb.: Prinz Fushimi Hiroyasu.

Geht man davon aus, daß diese Geschichte einen wahren Kern hat, dann kommt eigentlich nur eine Person als Schenkende in Betracht: Prinz Fushimi Hiroyasu, der von 1892 bis 1895 auf der Militärakademie in Kiel studierte. Er war Cousin Kaiser Hirohitos und lebte von 1889 in Deutschland um hier zu studieren. Er stammte aus einem der vier Zweige der kaiserlichen Familie, die im Falle eines fehlenden Thronerbens den neuen Kaiser gestellt hätten.

Prinz Fushimi Hiroyasu hatte sehr enge Beziehungen zu Deutschland, sprach fließend Deutsch und engagierte sich auch nach dem Ende des Wilhelminischen Kaiserreiches weiter für die deutsch-japanischen Beziehungen.

Da er erst infolge einer Erkrankung im Oktober 1895 nach Japan zurückkehrte, wäre eine solche Schenkung durchaus möglich gewesen. Offizielle deutsche Stellen hingegen geben die Pflanzzeit der Holtenauer Platanenallee dagegen mit um 1905 — also erst 10 Jahre später — an.

Die Kanalstraße in Holtenau entstand als Verkehrsstraße um 1887 im Zusammenhang mit dem Bau des Nord-Ostsee-Kanals für den Transport von Baumaterialien. Am 21. Juni 1895 wurde der NOK feierlich eingeweiht, ohne dass Quellen gefunden werden konnten, dass zu diesem Zeitpunkt die Kanalstraße bereits mit Platanenbäumen bepflanzt war. Nach der Fertigstellung des Kanals 1895 entstanden erste Gebäude an der Straße. Ein Foto des 1907 errichteten Postamtes zeigt, dass neu angepflanzte kleine Platanenbäume an der Straße standen.
     Obwohl freundschaftliche Beziehungen zwischen dem deutschen und japanischen Kaiserreich bestanden, der Bruder des Deutschen Kaisers Wilhelm II., Prinz Heinrich, besuchte bis 1900 zwei mal Japan und empfing ebenfalls japanische Pinzen in Kiel, z. B. Prinz Kania zur Eröffnung des Kaiser-Wilhelm-Denkmals in Holtenau am 25. Juni 1900, und belegt werden kann, dass zwei japanische Prinzen bis 1895 die Kieler Marineakademie besucht hatten, konnte die "schöne Legende", dass die Platanen ein Geschenk des japanischen Kaisers gewesen seien, durch nichts verifiziert werden. Trotz intensiver Recherchen in den zeitgenössischen Berichten und selbst Kontakte nach Japan brachten keine Bestätigung dafür, dass der Tenno diese Allee als Geschenk an die Stadt Kiel anlässlich der Eröffnung des Nord-Ostsee-Kanals gespendet habe.
     Bis 1915 kam es zu Umbauten und Vergrößerungen des Kanals, denen auch das westliche Ende der Kanalstraße zum Opfer fiel. Sie wurde etwas nach Norden verlegt. Falls hier ehemals Platanen standen, sind diese bereits 1915 entfernt worden.
     Die Eingemeindung von Holtenau nach Kiel erfolgte erst 1922. Die Bevölkerungs­entwicklung nahm durch den industriellen Aufschwung zu dieser Zeit sprunghaft zu. Folgend kam es an der Kanalstraße zu einer starken Entwicklung der Bau­tätigkeiten.
2

Siehe auch:

© Bert Morio 2019 — Zuletzt geändert: 22-04-2019 18:43


  1. Landesregierung SChleswig-Holstein [Hrsg.]: Historische Alleen in Schleswig-Holstein – geschützte Biotope und grüne Kulturdenkmale , S. 17ff. 

  2. Hornemann Institut: Projekt Schutz und Pflege historischer Alleen in Schleswig-Holstein, unter: http://193.175.110.9/hericare/german/dokumentation.php?id=1710!og