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Sturzrisiko und Sturzprophylaxe

Stürze sind eine der häufigsten Ursachen für die Pflegebedürftigkeit älterer Menschen. Aus diesem Grunde hat die Sturzprophylaxe vor allem in der Pflege älterer Menschen eine herausragende Bedeutung. Wissenschaftliche Untersuchungen haben gezeigt, dass die Hälfte aller über 70-jährigen bereits einmal oder mehrmals gestürzt sind. Die Folgen sind oft schmerzhafte Hämatome und Prellungen. Von allen Stürzen haben 15% ernsthaftere Verletzungen zur Folge (Kopfverletzung, Frakturen). Die häufigsten Verletzungen sind dann

  • Oberschenkelhalsfrakturen oder Oberschenkelfrakturen.
  • Frakturen des Oberarms.
  • Frakturen der Schulter.

Die Aussage des Expertenstandards zur Sturzprophylaxe lautet:

"Jeder Patient mit einem erhöhten Sturzrisiko erhält eine Sturzprophylaxe, die Stürze verhindert oder Sturzfolgen minimiert. Ihre Begründung: Stürze stellen insbesondere für ältere und kranke Menschen ein hohes Risiko dar. Sie gehen häufig mit schwer- wiegenden Einschnitten in die bisherige Lebensführung einher, die von Wunden und Frakturen über Einschränkung des Bewegungsradius infolge verlorenen Vertrauens in die eigene Mobilität bis hin zum Verlust einer selbst- ständigen Lebensführung reichen. Durch rechtzeitige Einschätzung der individuellen Risikofaktoren, eine systematische Sturzerfassung, Information und Beratung von Patienten/Bewohnern und Angehörigen, sowie gemeinsame Maßnahmenplanung und Durchführung kann eine sichere Mobilität gefördert werden."

Zu einem Sturz tragen meistens viele Faktoren bei. Man unterscheidet

  • intrinsische (d. h. in der Person des Patienten begründete) Faktoren.
  • extrinsische (d. h. die Ursache liegen nicht in der Person selbst, sondern in ihrer Umwelt begründet) Faktoren.

Intrinsische Faktoren

Intrinsische Faktoren können sein:

  • Plötzliche Erkrankung wie Schlaganfall, Herzinfarkt
  • Störungen der Körperhaltung durch Bandscheibenverschleiß, Arthrose des Knies
  • Verzögerung des Balancereflexes, also der Fähigkeit, ein Stolpern abzufangen
  • Plötzlicher Bewusstseinsverlust (Synkope)
  • Sehstörungen (Weit-oder Kurzsichtigkeit, Verlust von 3D-Sehen etc.)
  • Verwirrtheitszustände, der Patient achtet nicht auf seinen Weg
  • Psychische Veränderungen, z.B. Angst, Unruhe, Depression
  • Benommenheit und Unruhezustände durch Arzneimittel: Besonders bei später Einnahme von Schlaf-u. Beruhigungsmitteln wird das Arzneimittel nicht bis zum nächsten Morgen abgebaut. Die Betroffenen sind dann schläfrig benommen und deshalb besonders sturzgefährdet.
  • Unkenntnis von Sturzgefahren, besonders bei Kindern bis 3 Jahre, oft auch noch später
  • Sprachstörungen, Die Unfähigkeit einen Wunsch zu äußern, kann einen älteren Menschen dazu veranlassen Risiken einzugehen (alleine zur Toilette gehen)
  • Das Gangbild verändert sich im Alter wesentlich. So hat eine Frau im höheren Alter eher eine schmale Stand- und Gehfläche und macht kleine Schritte. Ein Mann hingegen hat eher eine breite Stand- und Gehfläche mit schlurfendem Gang
  • Medikamente: Diuretika, Hypnotika & Sedativa, Antidepressiva, Psychopharmaka, Antihypertensiva, nichtsteroidale Antirheumatika, Abführmittel. Faustregel: Bei Einnahme von mehr als 5 Medikamenten ist das Sturzrisiko erhöht!

Erkrankungen, die mit veränderter Mobilität, Motorik, und Sensibilität einhergehen:

  • Multiple Sklerose
  • Parkinson‘sche Erkrankung
  • Apoplexie/ apoplektischer Insult
  • Polyneuropathie
  • Osteoarthritis
  • Krebserkrankungen
  • Andere chronische Erkrankungen / schlechter klinischer Allgemeinzustand

Extrinsische Faktoren:

  • Stolperfallen: wie umherliegende Kabel, schlecht erkennbare Stufen, nasse Fußböden, verbogene, unzureichend ausgerichtete Brillen bzw. Brillengläser, falsche Brillenglasstärken, zu lange Kleidung, welche auf dem Boden schleift, schlecht sitzende Schuhe, die den Gang verändern und zu Gangunsicherheiten führen,
  • Lichtverhältnisse: insbesondere nicht ausreichendes, blendendes, Schatten werfendes Licht.
  • blank gebohnerte Bodenbeläge fördern Unsicherheit und provozieren Sturzangst.
  • Veränderungen in den Wohnräumen: Viele Menschen haben einen Plan ihrer Umgebung im Gedächtnis, nach dem sie sich orientieren und bewegen. Ältere Menschen brauchen in der Regel länger als jüngere, um sich an ein verändertes Umfeld anzupassen. Sie stolpern daher leichter über Hindernisse, die sich vorher an einem anderen Platz befanden.
  • Im Kindesalter kommen auch gewöhnliche Alltagsgegenstände als extrinsische Sturzursachen in Frage, z.B. Tische, Stühle, Fensterbänke und alles an dem Kinder hinaufklettern können.
  • unangepasste oder fehlerhafte Hilfsmittel sind häufig Ursache für einen Sturz. Eine unzureichende Anleitung kann einen alternden Menschen zusätzlich verunsichern.

Dokumente und Hilfsmittel zur Risikoeinschätzung

Es werden durch die Pflegekräfte verschiedene Erhebungsbögen und Skalen für die Bewertung des Sturzrisikos verwendet:

  • Pflegestandard Sturzprophylaxe.
  • Sturzereignisprotokoll.
  • Checkliste Sturzprophylaxe Wohnumfeld.
  • Sturzrisiko-Erfassung.
  • Sturzrisiko-Skala.

Sturzprophylaxe

Hier werden alle Maßnahmen ergriffen, die zukünftige Stürze vermeiden bzw. ihre Zahl verringern sollen.

Pflegeziele

  • Erhaltung und Förderung der Körperbalance und des Gleichgewichtes.
  • Bestmögliches Sehen ist sichergestellt.
  • Orientierung ist gesichert, aufrechterhalten bzw. gefördert.
  • Erkrankungen, die die Gefahr kurzzeitiger Ohnmachten tragen, sind frühzeitig erkannt.
  • Die Durchführung medizinischer/ therapeutischer/ prophylaktischer Maßnahmen ist gesichert.
  • Akzeptanz von Hilfsmitteln im Bereich der Ausscheidung.

Einsatz von Hilfsmitteln

Nachdem das Sturzrisiko ermittelt wurde muss der möglichen Nutzen des Einsatzes von Hilfsmitteln geprüft werden. Mögliche Pflegehilfsmittel können sein:

  • Gehstützen.
  • Rollatoren.
  • Rollstühle.
  • Hüftprotektoren.
  • Gelhosen.
  • Prothesen, orthopädische Halte-/ Stützapparate: diese werden ausschließlich von Fachleuten angepasst. Zudem muss ihre korrekte Benutzung und Handhabung mit dem Klienten eingeübt werden.

Grundsätzlich ist auch die Anwendung von Hilfsmitteln immer abzuwägen, denn auch diese können bei falscher Anwendung selbst zu einem Sturzrisiko werden.

Pflegerische Maßnahmen

Es müssen auch pflegerische Gefahren ausgeschlossen werden, die das Sturzrisiko erhöhen können. Dazu können folgende Maßnahmen beitragen:

  • Betthöhe ist so einstellen, dass ein bequemes Ein-/ Aus- steigen möglich ist. Wenn dies aufgrund der fehlenden Funktion des Bettes nicht möglich ist, dann über die Benutzung eines Pflegebettes nachdenken.
  • Auf langen Fluren bzw. langen Wegen in der Wohnung sollten Sitzmöglichkeiten bereit gestellt werden, evtl. auch im Treppenhaus.
  • Auf Erschöpfungszeichen und Alkoholisierungszustände achten. Auch auf die sedierenden Wirkungen eingenommener Medikamente. Evtl. ist in Absprache mit den behandelnden Ärzten abzuwägen, wie sich Nutzen und Kosten des Medikamentes zueinander verhalten.
  • Reichlich zu trinken anbieten (Dehydrationsprophylaxe).
  • Die Funktionsfähigkeit von Schuhen, Brillen, Hörgeräten, Gehhilfen, Rollstühlen, Prothesen regelmäßig überprüfen.
  • Einen Toilettenstuhl  - wenn erforderlich - ans Bett stellen, feststellen und die Festigkeit der beweglichen Armlehnen überprüfen.
  • Den Ablauf der Pflegehandlungen in Hinblick auf die Sturzrisiken planen.

Siehe auch:

Bauliche Maßnahmen

Siehe auch: