Holtenauer Geschichte

Home - Index - News - Updates - Impressum

Das kriegerische 17. Jahrhundert

Das Wort Krieg bedeutete nicht nur, daß ganze Landstriche ihren Besitzer wechselten, sondern brachte sowohl für die Land- als auch für die Stadtbevölkerung viel Bitternis und Not mit ich. Güter wurden unter der Last der Abgaben in den Ruin getrieben und Dörfer verödeten. Während des Dreißigjährigen Krieges (1618-48), der ein völlig zerstörtes Land hinterließ, muß auch Holtenau schwer unter den durchziehenden dänischen, schwedischen und und kaiserlichen Heeren unter ihren Feldherren Tilly und Wallenstein gelitten haben.

Das zeigte sich auch daran, daß die Zahl der Hufen und Katen in Holtenau zwischen 1575 und 1631 um mehr als die Hälfte zurück ging, denn gab es im Jahre 1575 in Holtenau noch 8 Hufen und 4 Katen, so waren es 1631 nur noch 3 Hufen, zwei unbesetzte Hufen und 3 Katen und noch im Jahr 1665 hatte sich die Zahl der Hufen erst wieder auf 5 erhöht, ohne jemals wieder die Zahl von 8 Hufen zu erreichen:

1557
8 Hufen, 4 Katen
1631
3 Hufen, 2 wüste Hufen, 3 Katen
1665 5 Hufen, 2 Wurthen, 3 Katen
1723 4 Vollhufen, 2 Halbhufen, 4 Wurthen
1841 4 Vollhufen, 2 Halbhufen, 4 Viertelhufen, 5 Katen, 20 Instenwohnungen

In einem Inventarium aus dem Jahre 1632 beschreibt der damalige Herr auf Gut Seekamp Cai von Ahlefeldt die Situation, die er ein Jahr nach dem Kauf des Dorfes von Adolph Friedrich Rantzau vorgefunden hatte:

Holtenahe. In diesem Dorfe hab ich empfangen 2 wöste Höfe, 1 Wurthseddel und 3 käthener. Itzo aber sein 2 Wurthsedeln und 3 Käthener sambt daß Schmiedehauß besetztet, welche nach dem Hofe Seekampf Dienst thun, theilß Hauer geben. Und sein noch 2 Hövene unbesetzt oder Wühste.

Mit den Wort Hufe wird eine Hofstelle eines Leibeigenen (Hufner) bezeichnet, wobei je nach Größe der Hofstelle und Umfang der gegenüber dem Gutsherrn zu erbringenden Dienstleistungen zwischen Voll-, Halb- und Viertelhufen unterschieden wird. Katen wurden von den so genannten Kätnern bewirtschaftet, die einen im Vergleich zu den Hufners minderen Status besaßen. Es handelte sich um Kleinbauern. Der Begriff Wurth bedeutet das direkt an der Hofstelle liegende Land.

Im Jahr 1625 zogen die dänischen und schleswig-holsteinischen Truppen unter Christian IV. ins Deutsche Reich und gegen die Kaiserlichen Truppen Tillys zu Felde, der zwei Jahre später seinerseits in die beiden Herzogtümer einfiel und bis nach Kiel vorstieß, wo seine Soldaten nicht nur die Stadt, sondern auch ihre Umgebung ausplünderten. 1628 belagerte wiederum eine dänische Flotte von 47 Schiffen die Stadt Kiel und nahm sie unter Beschuß.

Auch der Meierhof Holtenau war durch die Kriegswirren des Jahres 1627 schwer getroffen worden. Im Jahre 1631 schreibt der Besitzer des Gutes Seekamp folgende Zeilen:

Der Hof und die gebäure darauf, wie es allda zur stelle vorhanden und besehen kan werden. Nachmalß an Hauptgeräthen, Vieh oder Saat im Felde daß geringste bey meiner Antretung nichts vorgefunden, alß kan auch beym Abtritt hinwieder nichts geliefert werden. Zu diesem Meyerhofe dienen 3 Hovener und 1 Kätner und seyn bey meiner Zeit 2 Hovene von mir aufs neue besetzet unde die Hauer verbessert worden. Hierbei ist in acht zu nehmen, daß diese 3 Hofener und 1 Kothener ihre Hauer nach dem Seekampf geben. Die Gänse und Hüner aber geben sie zum Meyerhofe, auch das?, wenn ihnen etwas gethan wird. Der Meyerhof nebst dem dazugehörigen Lande gibt jährlich 1500 M. Es ist zwar bei der Kriegszeit häher verhauert gewest, kan auch hinfüro höher wiederumb verhauert werden, wenn erstlich die Acker und die Leuthe wiederumb in voriges esse [=Zustand] gebracht.

Einem Jahrzehnt relativer Ruhe durch einen Teilfrieden folgte 1643 der Einmarsch schwedischer Truppen, die gegen die Dänen vorgingen und bereits Weihnachten des selben Jahres Kiel und Umgebung besetzt hatten.

Um zu retten, was zu retten war, wurde alles, was an Getreide und anderen Lebensmitteln da und dort in Kiels Umgegend vorhanden war [...] zu Wagen nach Gottorf gebracht. Dadurch wurde das Land noch mehr von Nahrung entblößt. Ohne Brot für Menschen, ohne Futter für das Vieh mußte mancher Landbewohner umkommen oder davonziehen.

Es war noch im Jahre 1642 an der Festung Christianspries gearbeitet worden und nun – kaum fertiggestellt – verschärfte sich der Gegensatz zwischen den beiden Ostseemächten Dänemark und Schweden. So wurde dem schwedischen General Torstenson, der sich damals in Mähren aufhielt, der Befehl erteilt, Dänemark anzugreifen. Am 12. Dezember 1643 überschritten seine Truppen die Elbe und am 14. Dezember wurde Kiel besetzt. Torstenson zog dann unverzüglich gegen die Festung Christianspries, wo man auf einen so raschen Angriff nicht vorbereitet gewesen war und nur 60 Mann stationiert hatte. Nachdem die Dänen unter Axel Urop eine Übergabe abgelehnt hatten, griffen die Schweden am Morgen des 18. Dezember sowohl von der Land- als auch von der Seeseite her an und nahmen die Festung beim zweiten Angriff ein.

Erst nachdem Dänen und Schweden 1645 einen Frieden bei Brömsebro geschlossen hatten, ging die Festung Christianspries wieder in dänische Hände über und Urop wurde wiederum ihr Kommandant. Doch bereits 1648 beschlossen die Dänen, die Festung aufzugeben, wobei die seeseitigen Wälle jedoch erhalten blieben. In Rahmen der Entfestigung verkaufte der Dänische König das Gut Seekamp an Friedrich von Buchwald.

Weil nun dasselbe [=Die Befestigung Kopenhagens, der Verf.] *große Unkosten erforderte, und er im Jahre 1648 für gut befand, die Festung Christianspreis zu schleifen, welche eine Zeitlang der Zankapfel zwischen dem königlichen und dem fürstlichen schleswig-holsteinischen Hause gewesen war: so beschloß er, die zur gedachter Festung gehörigen Güter Bülke, Knope, Seekamp und Holtena, zu verkaufen, und die dafür eingekommenen Gelder für Befestigung der Stadt Copenhagen anzuwenden. Die Festung Christianspreis wurde auch wirklich im gedachten Jahre geschleift, und obbemeldte Güther wurden an Herrn Friderich von Buchwald für fünf und dreyßig tausend Rthlr. verkauft ... [Interessant in diesem Text finde ich die Bezeichnung Holtenaus als Gut. Der Verfasser]

Wenn auch in den beiden Weltkriegen des 20. Jahrhunderts viele Millionen von Menschen starben und ganze Städte in Trümmern versanken, so müssen doch die Verwüstungen und das Grauen im 17. Jahrhundert für die Zeitgenossen noch furchtbarer gewesen sein. So kamen im Deutschen Reich 40 % der ländlichen und 33 % der städtischen Bevölkerung während der Kriegswirren ums Leben.

Damals aber, im Dreißigjährigen Krieg allein, versanken nicht weniger als zwei Drittel seiner Bevölkerung in Not und Tod; nur ein Drittel im wüstgewordenen Land blieb am Leben. Selbst heute können wir und ein solches Maß an Schrecken und Jammer kaum vorstellen.

Auch in den Jahrzehnten nach dem Dreißigjährigem Krieg kam es in Schleswig-Holstein noch zu Einfällen fremder Heere. Im Jahr 1643 fielen die Schweden in das Land ein und besetzten beide Landesteile. Von 1648-70 folgte abermals eine Besetzung durch die Schweden mit anschließender Besetzung durch polnisch-brandenburgisch-österreichische Truppen, die zu sehr großen Verwüstungen führte. Von 1655-60 folgte der Schwedisch-Polnische Krieg (der so genannte Polackenkrieg), von 1700-21 folgte dann der Nordische Krieg.

Die Bewohner der Herzogtümer hatten unter den häufigen Einquartierungen, Plünderungen, Bränden und Vergewaltigungen fürchterlich zu leiden. Viele Bauernstellen verödeten und konnten nicht wieder besetzt werden. Die wirtschaftliche Folge der kriegerischen Ausein­andersetzung war die Knappheit an arbeitendem Personal mit hohen Löhnen, die Bevölkerung war entkräftet und zahlenmäßig reduziert. Der im 16. Jahrhundert gewonnene Wohlstand und die damit erreichte Blüte des Landes waren dahin. Zusätzlich zu den Kriegswirren grassierte noch die Pest und tötete die Menschen zu Tausenden. So blieben in den Städten Kiel und Flensburg nur 1 Drittel der Menschen am Leben.

Das Gelände des Holtenauer Meierhofes blieb noch bis in das 18. Jahrhundert hinein bewohnt. So standen noch 1723 auf dem Gelände das Verwalterhaus, das Vogthaus und ein Backhaus. Während im Vogthaus noch eine Frau Pohlmanns wohnte, teilten sich ein Tischler und ein Kätner das Verwalterhaus.

Siehe auch:

© Bert Morio 2019 — Zuletzt geändert: 14-08-2019 06:23