Holtenau gehörte über Jahrhunderte
zum um 1570 gegründeten Gut Seekamp
, das um 1600
am Ort der heutigen Dankeskirche einen eigenen Meierhof, d. h. einen
Milchwirtschafts-betrieb, errichtete, der jedoch schon 1680 wieder
aufgegeben und nach Stift verlegt wurde,
während die Gebäude in Holtenau aber noch bis ins 18. Jahrhundert
teilweise bewohnt blieben. Der Hof war scheinbar während der
Kriegswirren 1627, d. h. im Verlauf des Dreißig-jährigen Krieges,
verwüstet worden.
Holtenau (Holstenau), Dorf in Gute Seekamp in malerischer Lage an einer Anhöhe an der östlichen Mündung des Eider=Kanals, 3/4 M. nördlich von Kiel, Eckernförderharde, Kirchspiel Dänischenhagen. Holtenau war in früherer Zeit ein adeliger der Familie v. Buchwald gehöriger Hof an der Levensaue, wo sich noch am östlichen Ende des Dorfes Spuren von Gebäuden finden; besonders enthält ein mit Buschwerk bewachsener Hügel Blocksberg bedeutende Ueberreste. Dieser Hof ist späterhin eingegangen und die Ländereien sind mit Seekamp vereinigt.1
Abb.: Die Wasserburg Seekamp.
Der Gutsbezirk Seekamp entstand aus dem Bestreben Christopher Rantzaus, seine drei Erben jeweils mit ausreichenden Ländereien befriedigen zu können. Rantzau gehörten bereits die Güter Knoop und Bülk, auf deren Gebiet er einen neuen Hof errichtete. Vier Jahre nach dem Tode des Vaters einigten sich dessen Söhne 1575 über die Grenzen der drei Güter.
Abb.: Die Wasserburg
Seekamp nach einer Zeichnung von 1862.
Seekamp, das anfangs noch Sehekampf
hieß, wurde
erstmals 1350 urkundlich erwähnt und befand sich anfangs im Besitz
der Familie Wisch. Seekamp kam 1450 in Besitz der Familie Rantzau, bei der es nahezu 200 Jahre
bis 1632 verblieb. Auf dem Gebiet des Gutsbezirkes befanden sich
neben dem Bauerndorf Holtenau auch
die Dörfer Pries und Schilksee. Alle drei
Dörfer sind somit älter als das Gut Seekamp und sie kamen erst
durch die Kolonisierung des Dänischen Wohldes
durch Holsteinische Adelige in den
Seekamper Besitz.
Abb.: Die
Grenzen der Gutsbezirke von Sekamp und Knoop.2
Seekamp selbst war wohl zu Beginn eine Art Wasserburg mit zwei Stockwerken, einem fensterlosen Kellergeschoß mit 9 Fuß starken Grundmauern, deren Reste man erst im 19. Jahrhundert abtrug, und einer Art Ausguck.
Das jetzt vergangene vormals stark befestigte Schloß, von welchem vor einigen Jahren noch eine 9 Fuß dicke Grundmauer abgetragen ward, lag in einer Niederung und war mit einem tiefen Graben umgeben, über die eine Zugbrücke führte.
Über die Anlage schreiben Pieper/Wöhlk:
Es war ein kleines burgartiges Gebäude mit engen Fenstern und dicken Mauern. Der Geländesockel, auf dem es stand, war extra aufgeschüttet worden, ist wie der die Burg umgebende Graben erhalten und konnte über drei Zugänge betreten werden. Gut erhalten und in den letzten Jahren restauriert ist eine alte zur Burganlage gehörende Feldsteinmauer. Die Grundstruktur der alten Burganlage ist im Gegensatz zum Gebäude selbst weitgehend erhalten: eine für den Historiker besonders wichtige Anlage, da es nur wenig Vergleichbares aus dieser Zeit gibt. Das Burggebäude zerfel im Laufe derJahrhunderte, wurde wohl auch abgetragen, um Baumaterial zu liefern, die letzten Reste der etwa 1,60 hohen Grundmauern wurden Mitte des 19. Jahrhunderts abgebaut. Weitere Reste wie Eisenteile und Grundmauern fanden sich, wurden jedoch der Wiederverwendung zugeführt. Vermutlich fnden sich Teile des alten Gemäuers in den Sockeln alter Schilkseer Häuser. Der Burggraben war solider konstruiert. Im letzten Jahrhunderten wurde versucht, ihn trocken zu legen, um das Gelände besser landwirtschaftlich nutzen zu können. Seit die Landwirtschaft auf Seekamp aufgegeben wurde, zeigte sich, wie gut seinerzeit die Grabenbewässerung in den natürlichen Wasserhaushalt eingebunden war. Die Gräben füllen sich langsam wieder wie in alten Zeiten, außer in sehr trockenen Perioden.3
In den Jahren vor der Wende zum 19. Jahrhundert änderten sich die Bedingungen in der Landwirtschaft und das inzwischen auch politisch nicht mehr zeitgemäße System der Leibeigenschaft geriet zunehmend unter Druck. Immer mehr Gutsherren entschlossen sich daher — sei es aus ökonomischen oder moralischen Gründen — dazu, das überkommene System aufzugeben. Letzter echter Gutsherr auf Seekamp war der Graf Schack zu Schackenburg. Dieser gab 1788/89 dem Landmesser Paul Ingwersen aus Langenhorn den Auftrag, das gesamte Gut mit seinen Meierhöfen und Dörfern zu vermessen.
Im Jahre 1791 wurden die sämmtlichen Hoffelder parceliert und die erste Auftheilung geschah in 14 Parcelen, welche späterhin zu 10 Parcelen umgeändert ward. Von dem ganzen Areale gehören jetzt 1.241 Tonnen zu den Dörfern Holtenau, Pries und Schilksee, die Parcelisten erhielten 890 Tonnen. Der übrige Theil des Areals gehörte von der Zeit an zum Meierhofe Stift, der nun zum Stammhofe bestimmt ward, wogegen der ehemalige Haupthof Seekamp ein bloßer Parcelenhof ward.
Im Rahmen der Aufhebung der Leibeigenschaft wurde das Gut Seekamp
zu einem — wenn auch ansehnlichen — Parzellenhof herabgestuft,
während der Meierhof Stift zum
Stammhof des Gutsbezirkes Seekamp aufstieg. Aus dem Gut
Seekamp
war nun der Hof Seekamp
geworden.
Die jetzige Parcele Seekamp enthält 360 Tonnen Ackerland, 30 Tonnen Wiesen, 6 Tonnen Holz, 4 Tonnen Moor, zusammen etwa 400 Tonnen (359 Steuertonnen); unter den Wiesen ist die Seewiese (30 Tonnen) die bedeutendste; die Hölzungen heißen Bransbrook und Miethschau. Zu der Parcelenstelle Seekamp gehören 6 Instenstellen, von denen eine Kuhlenthor und eine andere Fuchskuhle genanntwird. Die zum Gute gehörende Seekamper-Wassermühle liegt bei Dänischenhagen.4
Tabelle: Einwohnerzahlen des Seekamper Gutsbezirks:
Jahr: |
1835 |
1840 |
1845 |
Einwohner: |
855 |
910 |
916 |
Johann Erich von Berger (*1772, †1833) — Professor der Philosophie und Astronomie zu Kiel — kaufte sich im Jahr 1801 den Hof Seekamp. Seine Frau Anna war eine Tochter des Grafen Holck auf Eckhof. Neben seiner Professur in Kiel war von Berger auch noch Kommandeur der Küstenmiliz im Bereich der Festung Friedrichsort.
Dieser bewohnte zu der Zeit das Gut Seekamp in der Nähe von Kiel. Er war ganz Landmann geworden und führte mit feiner liebenswürdigen Frau, einer geborenen Gräfin Holk ein idyllisches Leben. Nur der Umstand trübte diese glückliche Ehe, daß sie kinderlos blieb.
Es gelang von Berger jedoch nicht, Seekamp zu einem ökonomisch gesunden Betrieb zu machen, denn die Folgen der Napoleonischen Kriege sowie mehrere Mißernten brachten ihn immer wider in finanzielle Schwierigkeiten. Schließlich sah er sich mit Aufnahme seiner Professur dazu gezwungen, einen Verwalter einzusetzen und 1821 den Hof an diesen zu verpachten. 1830 verkaufte von Berger den Hof an den bisherigen Pächter Johann Hinrich Wriedt, der sich als fähiger Landwirt erwiesen hatte. Seine Tochter Auguste heiratete 1854 Johann Wilhelm Olde, der 1865 den Hof übernahm.
Wie sich der Hof Sekamp in der 1840er Jahren zeigte, beschreibt das folgende Zitat:
Als ich auf Seekamp ankam, traf ich Herrn Wriedt auf seiner Brache, wo ich ihn sogleich aufgesucht hatte. Hier war man unter andern damit beschäftigt, Underdrains zu legen; die Arbeit war also mit der größten Bequemlichkeit in ihrer Entstehung anzusehen. Herr Wriedt führte mich und meinen damaligen Begleiter auf seine Felder, welche mit Waizen, Roggen, Rappsaat, Gerste, Flachs u. dgl. bestellt und wo überall die Gräben fast gänzlich verschwunden waren, die Saaten aber, s«wohl in Gründen als auf Höhen, sehr ausgeglichen und gut standen. Wenn irgend ein Unterschied dabei hervorstechend war, so war es nur der: daß grade die seichten und früher feuchten Stellen der Felder, auf denen fast nie etwas Ordentliches zu finden gewesen fein soll, jetzt sich durch den besten Stand auszeichneten, welches vorzüglich grade über den Drains bemerkbar war. Wahrlich eine großartige Erscheinung, fast die ganze Feldmark, bis auf einen kleinen Theil, welcher damals, 1846, noch nicht fertig geworden war, auf der früher durch nicht unbedeutende Grabung nur eine mäßige Trockenlegung erreicht werden konnte, in diesem erfreulichen Zustande zu finden; eine erfreuliche Erscheinung, welche von dem großen Fleiße des Herrn Wriedt den schönsten Beweis liefert.5
Der Gutsbezirk Seekamp blieb bis 1876 weiter als
Verwaltungseinheit unter dem Namen Seekamp
bestehen. Der gutsverwalter auf dem ehemaligen Meierhof und nun Stammhof Stift
war der Vertreter der Obrigkeit. Nach 1876 wurde der Gutsbezirk
aufgeteilt und in dei Landgemeinden Holtenau, Pries und Schilksee
umgewandelt. Das adelige Gut Stift blieb daneben weiterhin als ein
kleiner Gutsbezirk bestehen.
Er muß vor 1707 ohne Nachkommen gestorben sein, denn am 7. März 1707 schrieb der Mann seiner Schwester, der Großkanzler Conrad von Reventlow, in seinem Testament: "Das Guht Seekamp ist ein Lehen und erbet die älteste von meinen Töchtern itziger Ehe nach meiner Gemahlin Tod". Diese Gemahlin war Sophie Amalia von Hahn, die Tochter des Vinzentz Joachim von Hahn und zweite Ehefrau des Conrad von Reventlow, mit der er neuen Kinder hatte.6
1790-1791 Otto Dideric Graf von Schack zu Schackenburg nach einem langen Erbstreit.
Nach der Annexion Schleswig-Holsteins durch Preußen wurde der Gutsbezirk Seekamp als Verwaltungseinheit aufgelöst und in die Landgemeinden Pries, Schilksee und Holtenau sowie die Festung Friedrichsort aufgeteilt. Der Hof Seekamp gehörte dann seit 1876 zur Landgemeinde Schilksee.
Hans Olde (*1855, +1917) war Maler und seine Mutter Auguste, eine geborene Wriedt, stammte vom Gut Seekamp, das der Vater ab 1865 bewirtschaftete und 1878 käuflich erwerben konnte. Olde erlernte zwar den Beruf des Landwirtes, hatte jedoch mehr Interesse an der Malerei.
Abb.: Hans Olde:
Winter auf Seekamp
.
Hans Olde der Jüngere (*1895, +1987) war ebenfalls Maler und Sohn Hans Oldes des Älteren. Da seinerseits ebenfalls kein Interesse an der Landwirtschaft bestand, wurde Seekamp schließlich 1925 an die Stadt Kiel verkauft.
Kinderrepublik Seekamp
1927 rief der spätere Kieler Oberbürgermeister Andreas Gayk —
damals Redakteur der Schleswig-Holsteinischen Volkszeitung
— auf dem Gut Seekamp die erste freie deutsche Kinderrepublik —
ein großes Jugendlager der Kieler Kinderfreunde
mit mehr als 2000 Kindern — aus, wofür das Gut zwei große Scheunen
und eine riesige Wiese bereitstellte.
2.300 Arbeiterkinder aus vielen Teilen des Reiches, aus Dänemark, aus Österreich und aus der Tschechoslowakei nahmen an der vierwöchigen Veranstaltung teil. In dieser Zeit sollten sie nur unter Beratung von Erwachsenen ihr Zusammenleben selbstverantwortlich gestalten. Ziel war es „soziale Demokratie“ und „genossenschaftliche Solidarität“, Freundschaft, Disziplin, Ordnung, Sauberkeit, Körperertüchtigung, Toleranz, Verantwortlichkeit für die Gemeinschaft und Friedenswillen zu lernen.7
Abb.: Zeltlager
auf Seekamp.
Anna Olde, die Enkelin Hans Oldes heiratete nach dem Zweiten
Weltkrieg den Bildhauer Hans Kock (*1920; †1990) und errichtete
mit ihm im Jahre 1986 gemeinsam mit der Stadt Kiel auf der
Hofparzelle Seekamp die Hans Kock Stiftung
8.
In der Parkanlage von Gut Seekamp sind heutzutage die Skulpturen
des Bildhauers Hans Kock zu besichtigen.
Abb.: Seekamp
im Juni 2019. (© Bert Morio 2019).
Abb.: Seekamp
im Juni 2019. (© Bert Morio 2019).
© Bert Morio 2018 — Zuletzt geändert: 08-08-2019 12:56
von Schröder, Johannes: Topographie des Herzogthums Schleswig. 2., neubearb. Aufl., Oldenburg in Holstein 1854, S. 235f. ↩
Quelle: Pieper/Wölck: Seekamp - Vom Erbfall zum Kulturzentrum, unter: http://www.schilksee-info.de/seekamp.htm. ↩
Hirschfeld, Wilhelm: Wegweiser durch die Herzogthümer Schleswig und Holstein, Kiel 1847, S. 23. ↩
Detlefsen 1979, S. 27f. ↩
Vgl.: http://www.spd-geschichtswerkstatt.de/wiki/Kinderrepublik_Seekamp. ↩