Nach dem verlorenen Zweiten Weltkrieg kam es wiederum zu einer Einstellung fast aller militärischen Aktivitäten der deutschen Marinefliegerei. Nur Seenoteinsätze wurden seitens der westlichen Siegermächte noch erlaubt. In den letzten Kriegstagen und auch in den Tagen nach der Kapitulation der Wehrmacht wurden auch weiterhin noch Einsätze geflogen um Menschen aus den Ostgebieten in Sicherheit zu bringen.
Abb.: Auch nach Kriegsende
durften in Holtenau noch Seenotrettungsflüge starten.
Im April 1951 genehmigten die Alliierten wieder den Segelflug in
Deutschland und als im Mai 1955 auch der Motorflugsport erlaubt
wurde bekam der Luftsportverein Kiel
als erster
deutscher Verein eine Ausbildungsgenehmigung. Im Jahr 1955 wurde
auch die Bundesmarine gegründet und bereits im folgenden Jahr
wurde Holtenau erneut zum Seefliegerhorst.
Der zerstörte Holtenauer Flughafen wurde 1958 wieder aufgebaut, es wurden neue Kasernen und große Flughallen für das Militär und die Zivilluftfahrt errichtet. Während des Krieges wurden drei Flugzeughallen völlig zerstört bzw. schwer beschädigt. Was noch zu gebrauchen war, wurde notdürftig gefickt und dann später durch die Bundeswehr instand gesetzt. Die Hallenvorfelder und Rollwege wurden ergänzt 1020. Bereits Mitte der 1950er Jahre gab es Pläne, das Flughafengelände in westliche Richtung zu erweitern, was jedoch am Widerstand der Gemeinde Altenholz scheiterte.
Wie bereits in der Zwischenkriegszeit wurde der Flugplatz sowohl
militärisch als auch zivil genutzt. Im Jahre 1955 wurde auch die Flughafen
Gesellschaft mbH
wiederbelebt und der
Zivilflugbetrieb von Holtenau aus begann erneut. Die militärische
Komponente wurde in den folgenden Jahren immer weiter ausgeweitet
und in den folgenden Jahren immer wieder umstrukturiert bzw.
umbenannt: Zum 1.4.1957 wurde die 1. Marinefliegergruppe
in Kiel-Holtenau gegründet, es folgten in kurzer Zeit weitere
Verbände:
Durch den Aufstellungsbefehl Nr. 77 vom 26.2.58 wurde am 1.4.1958
die 2. Marinefliegergruppe
in
Kiel-Holtenau gebildet.
Aufgrund internationaler Verpflichtungen musste die
Bundesrepublik ein System zur Rettung auf Land und See (SAR =
Search and Rescue) aufzubauen — bis zum Dezember 1967 befand sich
in Holtenau auch die später nach Glücksburg verlegte
SAR-Leitstelle. Deshalb wurde schon acht Monate nach Aufstellung
der 1. Marinefliegergruppe eine eigenständige Seenotstaffel
ins Leben gerufen, deren Aufbau in Holtenau am 1. Januar 1958
durch Fregattenkapitän Heinz Seebens begann.
Durch den Umgliederungsbefehl Nr. 1 vom 13.7.1959 wurde zum
16.07.1959 die 1. Marinefliegergruppe
zum 1.
Marinefliegergeschwader
(MFG 1), entsprechend die 2. Marinefliegergruppe
zum 2. Marinefliegergeschwader
(MFG 2) und
die Marine-Seenotstaffel
in die Marine-Dienst-
und Seenotgruppe
umgewandelt. Am 1.10.1961 wurde die
Marine-Dienst-und Seenotgruppe
in das Marine-Dienst-und
Seenotgeschwader
umbenannt.
Ab dem 12.8.1963 wurde in Holtenau eine
Hubschrauber-UBoot-Jagdstaffel mit der Bezeichnung Marinefliegergeschwader
4
aufgestellt. Schließlich wurde dann am 25.10.1963
das Marine-Dienst- und Seenotgeschwader
in Marinefliegergeschwader 5
(MFG
5) umbenannt.
Zur Sicherung des Flugplatzes wurde im Juli 1964 dem Geschwader
eine Bodendienstverteidigungsstaffel
unterstellt,
die später in Marinesicherungskompanie
bzw. 1.
Schwere Sicherungskompanie
umbenannt wurde, deren
Hauptaufgabe es war, im Verteidigungsfall Angriffe von Land als
auch aus der Luft abzuwehren. Die Schwere Sicherungskompanie
wurde Ende 1990 im Zuge des sich entschärfenden
Ost-West-Konfliktes aufgelöst.
Das bis 2012 in Holtenau stationierte Marinefliegergeschwader 5
(MFG 5), dessen Aufgabe unter
anderem der Seenotrettungsdienst (SAR) ist, verwendete im Laufe
der Jahrzehnte unterschiedlichste Flugzeugtypen wie den
Hubschrauber Sea King MK 41
, die Dornier
28 - Sky Servant
und deren Nachfolger die Dornier
228
, wobei die beiden letzteren Typen der auf dem
Holtenauer Oberland stationierten 2. Staffel 1994 nach Nordholz an
das inzwischen dort beheimatete MFG 3 verlegt wurden. Damit ging
das nun freie Gelände mit dem 1. Mai 1995 in den Besitz der Kieler
Flughafengesellschaft
über.
Im April 1975 wurde mit dem Sea King MK 41
der
damals modernste Hubschrauber der Welt in Dienst gestellt und ist
auch heute noch in Holtenau stationiert. Bis Ende September 1975
besaß das MFG 5 auch schwimmende Einheiten in Form von 45 bis 70
Tonnen großen so genannten Flugsicherungsbooten
.
Die älteren Flugsicherungsboote FL5, FL7 und FL8 waren ehemalige Hafenschutzboote und wurden 1956 in Dienst gestellt. Die drei Flugsicherungsboote FL9, FL10 und FL11 wurden Anfang September 1961 in Dienst gestellt und später dem MFG 5 unterstellt. Als einziges Geschwader der Bundeswehr verfügte das MFG 5 daher sowohl über fliegende als auch schwimmende Einheiten.
Abb.: Startendes
Albatros
-Wasserflugzeug.
Vielen älteren Holtenauer Mitbürgern wird sicherlich noch das
Bild der auf der Förde startenden und landenden Amphibienflugzeuge
vom Typ HU-16 Albatros
in lebhafter Erinnerung
geblieben sein, denn diese Starts und Landungen sahen nicht nur
spektakulär aus, sondern verursachten dabei auch noch einen
unbeschreiblichen Lärm. Im Sommer waren diese Starts von der Seebadeanstalt gut zu beobachten —
und wenn der Wind dem entsprechend stand, flogen sie direkt auf
die Badenden zu.
Die ersten Maschinen wurden durch einen pensionierten Colonel der
US Air Force von Long Island/New York nach Holtenau überführt. Von
diesen Maschinen wurden von Januar 1959 an 8 Flugzeuge seitens der
Bundesmarine in Dienst gestellt, wobei 3 Maschinen als
Einsatzreserve dienten. Aufgrund der steten Vergrößerung des
Einsatzgebietes wurde die Anschaffung dieser Flugzeuge notwendig.
Als die letzten Maschinen 1975 außer Dienst gestellt und durch dem
Hubschrauber Sea King Mk 41
abgelöst wurden,
hatten sie insgesamt über 15.000 Flugstunden hinter sich gebracht.
Bei der großen Sturmflut des Jahres 1976 konnten die Sea
Kings
des MFG-5 in über 70 Flugstunden mehr als 45
Personen aus teilweise kritischen Lagen befreien. Auch während der
schweren Schneekatastrophe zur Jahreswende 1978/79 wurden die
Hubschrauber des MFG-5 eingesetzt.
Neben der Seenotrettung war in späteren Jahren auch die Überwachung der Ölverschmutzung auf See eine wichtige Aufgabe der Marineflieger, wozu 1986 zwei Dornier DO 28 umgerüstet wurden. Mit Hilfe modernster Elektronik ließen sich so aus der Luft Öleinleitungen von Schiffen auf dem Meer verfolgen. 1994 wurden die Ölüberwachungsflugzeuge von Kiel-Holtenau an das MFG-3 in Nordholz verlegt.
Die Zeit nach der Wiedervereinigung und der Jahrtausendwende brachte auch für das Militär in Kiel große Veränderungen. Überall wollte man von der so genannten „Friedensdividende” profitieren, denn der Gegner im Osten, an dem man sich jahrzehntelang ausgerichtet hatte, existierte nicht mehr oder war zum Sicherheitspartner geworden bzw. erklärt worden. Als immer mehr Standorte der Bundeswehr zusammengefasst wurden, stellte sich auch die Frage nach dem Fortbestand des Standorts in Holtenau.
Die neue Struktur sah ab 2006 vor, dass die Flottille der
Marineflieger in Kiel aufgelöst und die beiden verbleibenden
Geschwader — die Marinefliegergeschwader 3 und 5 — direkt dem
Flottenkommando unterstellt werden sollten. Mit der
Außerdienststellung des Marinehubschraubers Sea King
würde dann auch das MFG 5 aufgelöst werden. Die Marineflieger
würden dann in Nordholz konzentriert werden, wo die Aufgaben des
Geschwaders mit dem MH-90 (Marinehubschrauber 90
)
weitergeführt werden (sollen).1
© Bert Morio 2019 — Zuletzt geändert: 23-02-2019 09:58
Der neue Marinehubschrauber (im Nato-Code auch NH90 [ext.]) gehört zu den vielen völlig aus der Kontrolle geratenen Projekten der Bundeswehr, der auch zwei Jahrzehnte nach dem Erstflug immer noch nicht voll einsatzfähig ist. ↩