Im Zuge der Kanalerweiterung von 1907-14 wurde anstelle der bisherigen Pontonbrücke (der so genannten Prahmdrehbrücke) nach den Entwürfen des Ingenieurs Friedrich Voß eine Hochbrücke über den Kaiser-Wilhelm-Kanal gebaut. Beim Bau kam es 1911 zu einem großen Dammrutsch, bei dem ein Arbeiter ums Leben kam, für den später östlich des Brückendamms ein Gedenkstein aufgestellt wurde.
Abb.: Die Prinz-Heinrich-Brücke und die Villa Hoheneck.
Östlich der Prinz-Heinrich-Brücke wurde zur Segelolympiade 1972 die Olympiabrücke
errichtet. Beim Abriß der Prinz-Heinrich-Brücke
kam es wiederum zu einem schweren Unfall
als die tonnenschwere Last eines großen Brückensegments außer Kontrolle geriet und mehrere
Autokräne zerstörte.
Abb.: Die Prinz-Heinrich-Brücke im Jahr 1914, vom Wiker Ufer aus gesehen.
Die Prinz-Heinrich-Brücke war unter ganz anderen Gesichtspunkten konstruiert worden als die Kanalbrücken der ersten Generation wie die 1893 erbaute massive Levensauer Hochbrücke, denn sie sollte durch die Bauweise einerseits eine Erweiterung des Kanals ermöglichen als auch einem feindlichen Beschuß durch eine in der Kieler Buch liegende Flotte möglichst wenig Angriffsfläche bieten.
Abb.: Die Prinz-Heinrich-Brücke im Jahr 1916, vom Wiker Ufer aus gesehen.
Da die neue Brücke weiter vom Holtenauer Dorfkern entfernt lag als die ehemaligen Übergänge über den Eiderkanal oder die bisherige Pontonbrücke und für die Holtenauer einen größeren Umweg bedeutete, wurde wenige Jahre später auch eine Fährverbindung über den Kaiser-Wilhelm-Kanal eingerichtet.
Abb.: Die Prinz-Heinrich-Brücke vom Wiker Ufer aus gesehen.
Nachdem man Pläne für eine Dampf- oder Schwebefähre verworfen hatte, beschäftigte sich ab
Mitte 1908 die Kanalkommission mit der Idee einer Hochbrücke. Der Bau der Hochbrücke nach Plänen
des seit 1908 als Leiter des Brückenbauamtes des Kaiserlichen Kanalamtes tätigen Ingenieurs Dr.
Friedrich Voß (*1872,†1953), die völlig von der Konstruktion der
Brücken der ersten Generation wie beispielsweise der Levensauer Hochbrücke mit ihren riesigen stützenden Bögen abwich,
wurde im September 1909 mit den Gründungen begonnen und 1911 nahezu vollendet. Es handelte sich
um eine so genannte Fachwerkbrücke
, wie auch die ebenfalls von Friedrich Voß
konstruierten Hochbrücken in Rendsburg und Hochdonn.
Da inzwischen der Vorhafen der Schleusen erweitert worden war, wurde die Hochbrücke 300 Meter westlich der alten Prahmschwimmbrücke errichtet. Auf der Kieler Seite wurde dazu eine 1.000 Meter lange und auf der Holtenauer Seite eine 700 Meter lange Rampe errichtet.
Die Stahlkonstruktion hatte schließlich ein Gewicht von 3.700 Tonnen. Die Fahrbahn war 7 Meter breit und in sie wurden 2 Straßenbahngleise gelegt, weil es geplant war, die Kieler Straßenbahn, die bis in die Wik führte, über den Kaiser-Wilhelm-Kanal bis nach Holtenau weiter zu führen, was jedoch nie zustande kam. Leider stellte sich heraus, daß die Konstruktion der Brücke für die Bahnlinie zu schwach war, was zur Folge hatte, daß der Fahrgastbetrieb zu den Friedrichsorter Industriebetrieben und, zu den Stränden im Norden und nach Schilksee und Strande den Hafendampfern und später vor allem den Autobussen überlassen blieb (siehe auch: Verkehr).
Abb.: Deutlich sind die Schienen für die Verlängerung der Kieler Straßenbahn über die Wik hinaus sichtbar.
Abb.: Die Schienen auf der Prinz-Heinrich-Brücke.
Da es am südlichen Brückendamm noch zu tun gab, wurde die Brücke erst am 28. September 1912
feierlich dem Verkehr übergeben und erhielt den Namen Prinz-Heinrich-Brücke
.
Anwesend waren Prinz Waldemar von Preußen und Prinzessin Irene, die Frau Prinz Heinrichs von Preußen, die auch die Brücke einweihte. Prinzessin
Irene vollzog den Akt der Einweihung, nachdem sie von Dr. Georg Kautz, dem Präsidenten des Kaiserlichen
Kanalamtes, mit den Worten Durchlauchtigste Prinzessin! Gnädigste Prinzessin und
Frau!
begrüßt worden war:
Möge die neue Brücke mit ihrer breiten Fahrbahn und breiten beiderseitigen Fußwegen allezeit einen glücklichen Verkehr der Großstadt mit ihrem Nachbarlande dienen! Schleswig-Holstein ’Op ewig ungedeelt’ erfahre durch Dich eine neue Verbindung, die die Wunde heilt, die der Kanal geschlagen hat.
Für den Bau der großen Rampen auf der Nord- und Südseite des Kanals wurden ca. 2 Millionen Tonnen Material aus dem Abraum der Kanalerweiterung verwendet. Im April 1911 kam es während dieser Arbeiten zu einem großen Dammrutsch, bei dem der aus Polen stammender Arbeiter Josef Czoska verschüttet wurde. Es waren auf einer Fläche von 3.000 m² so große Erdmassen in Bewegung geraten, daß seine Leiche trotz mehrtägiger Suche nicht geborgen werden konnte. Zum Gedenken an dieses Unglück wurde an der Ostseite des südlichen Brückendamms ein großer Granitfindling aufgestellt.
Die Kieler Zeitung berichtete über dieses Unglück:
Der Erdrutsch, bei dem am Dienstag ein Arbeiter am Kaiser Wilhelm Kanal verunglückt ist, ereignete sich an der Rampe, die an der Südseite für die neue Hochbrücke bei Holtenau aufgeschüttet wird. Der Damm ist z.T. auf Moorboden gebaut. Schon vor 14 Tagen passierte ein Erdrutsch. Damals glitt ein Zug mit einigen Wagen ab, doch verlief der Unfall ohne Folgen. Diesmal passierte ein Zug mit 18 Wagen die Stelle, nachdem die Erdmassen abgeladen waren. Während der Fahrt begann die eine Seite des Dammes zu rutschen; der Zug fuhr schnell weiter und kam zum größten Teil aus dem rutschenden Gebiet, so daß nur noch vier Wagen mit abstürzten. Auf ihnen befanden sich aber keine Personen. Der Arbeiter Czoska, ein jüngerer Erdarbeiter, stand auf der Böschung des Dammes und war mit dem Einebnen der vom Zuge abgeladenen Erdmassen beschäftigt. Seine Leiche ist noch nicht gefunden. Im ganzen sind über 6000 qm des Dammes abgerutscht.
Abb.: Blick von der Wik aus.
Der Bau der Prinz-Heinrich-Brücke kostete 2,5 Million Reichsmark. Die filigrane Konstruktion der Prinz-Heinrich-Brücke hatte neben viele Vorteilen (sie wurde beispielsweise im Zweiten Weltkrieg mehrmals von Bomben getroffen, die aber einfach nur ohne zu explodieren die Fahrbahn durchschlugen) aber auch Nachteile, denn ihre Haltbarkeit scheint weitaus geringer gewesen zu sein als die der beiden Bogenbrücken bei Levensau und Grünenthal, von denen nach über einhundert Jahren immer noch eine Brücke in Gebrauch ist.
Abb.: Man sieht das unbebaute Land westlich der Gravensteiner Straße.
Als im Jahre 1987 das 75jährige Jubiläum der Prinz-Heinrich-Brücke gefeiert wurde, rechnete noch niemand damit, daß diese Brücke wenige Jahre später nur noch eine Erinnerung sein würde. Bereits in diesem Jahr mußte eine Geschwindigkeits- und Gewichtsbegrenzung auf der Brücke eingeführt werden. Untersuchungen im Jahre 1988 ergaben, daß der Zahn der Zeit viel stärker an der Brücke genagt hatte als erwartet, und es wurden bereits Überlegungen angestellt, ob es denn sinnvoller sei, die alte Brücke für die kommenden 3 Jahrzehnte zu renovieren oder gleich eine neue zu bauen.
Abb.: Abriß der Prinz-Heinrich-Brücke 1992. Blick auf das Wiker Ufer. Das Mittelteil wurde abgesenkt und auf einen Ponton verladen. [© Gisela Heinrich]
Nachdem man die Brücke eingerüstet hatte, war es den Spezialisten schließlich möglich, den wahren Zustand der Eisenkonstruktion zu beurteilen. Ursachen für den starken Verfall der Brücke waren der Einsatz von Streusalz und der Getreidestaub des Silos am Nordhafen. Die geschätzten Reparaturkosten wurden auf 25 Millionen DM beziffert, dazu kamen noch Umweltschutzauflagen, die das vollständige Entfernen des alten Schutzanstriches forderten, was die Kosten nochmals um 2 bis 3 Millionen DM in die Höhe getrieben hätte - doch dann kam das Ende schneller als von vielen, die mit dieser Brücke aufgewachsen waren, erwartet worden war.
Abb.: Abriß der Prinz-Heinrich-Brücke 1992. Blick vom Holtenauer Ufer aus auf das Wiker Ufer. [© Gisela Heinrich]
Als am Morgen des 7. Oktober 1988 als das zypriotische Motorschiff Fort
mit
seinem Ladebaum die Brücke rammte, war dies wohl der Anfang vom Ende für die alte Brücke. Eine
Kette unglücklicher Zufälle hatte dazu geführt, daß aufgrund eines Regengusses die Ladelucken des
Schiffes mit Hilfe des Ladebaumes gerade in dem Moment geschlossen werden sollten, als dieses die
Brücke passierte, so daß der Ladebaum mehrmals gegen die Unterkante der Brücke schlug. Die Brücke
mußte unverzüglich gesperrt werden und das WSA veranschlagte für die Beseitigung der Schäden
einen Zeitraum von einer Woche.
Abb.: Abriß der Prinz-Heinrich-Brücke 1992. Blick vom Holtenauer Ufer aus auf das Wiker Ufer. Unten links das Friedrich-Voß-Ufer. [© Gisela Heinrich]
Abb.: Stützpfeiler der alten Prinz-Heinrich-Brücke nach dem Abriß 1992. Blick vom Holtenauer Ufer aus auf das Holtenauer Ufer. Im Hintergrund die Villa Hoheneck. [© Gisela Heinrich]
1994 konnte dann mit dem Bau der neuen Brücke begonnen werden und so wurde die alte Prinz-Heinrich-Brücke bis 1996 durch ein Neukonstruktion ersetzt, die im wesentlichen der der Olympiabrücke entspricht. Die neue Prinz-Heinrich-Brücke hat eine Länge von 1.518 Metern und es wurden 4.010 Tonnen Stahl verbaut. Die Breite der neuen Prinz-Heinrich-Brücke betrug 18 Meter, die dreispurige Fahrbahn 11 Meter und der kombinierte Geh-und Radweg hat eine Breite von etwa 3,75 Metern.
Abb.: Bau der neuen Prinz-Heinrich-Brücke. [© Gisela Heinrich]
Abb.: Bau der neuen Prinz-Heinrich-Brücke. [© Gisela Heinrich]
Der Sprung von der Hochbrücke
ist ein unter Psychologen gebräuchlicher
Begriff, denn die Zahl der hier in den letzten einhundert Jahren verübten Selbstmorde ist doch so
erschreckend groß, daß darüber bereits seit langem nicht mehr in den Tageszeitungen berichtet
wird.
Abb.: Linienschiff unter der Prinz-Heinrich-Brücke.
Abb.: Panzerschiff Deutschland unter der Prinz-Heinrich-Brücke.
Levensauer Hochbrücke — Die Brücke des Kaisers.
Die Holtenauer Pramdrehbrücke — die Planer des Kaiser-Wilhelm-Kanals glaubten anfangs, dass eine Pontonbrücke als Verbindung zwischen Holtenau und Kiel ausreichend sein würde.
Die Olympiabrücke — für die Segelolympiade 1972 wurde eine zweite Hochbrücke gebaut.
Die Holtenauer Eiderkanalschleusen — vor dem Bau der Holtenauer Hochbrücke führte der Weg in die Wik über die Eiderkanalschleusen.
Verkehrsunfall auf der Brücke Anfang 1950er Jahre — hier sieht man, wie die Auffahrt auf die Brücke in der Nachkriegszeit aussah.
© Bert Morio 2018 — zuletzt geändert: 28-09-2018 05:38