Die
Kirchengemeinde Holtenau entstand während des Kanalbaus als es auch in Holtenau
Arbeiterbaracken mit einen Kanalbaracken-Geistlichen
gab.
Abb.: Kanalarbeiterlager bei Holtenau 1898.
Am 24./25. Juni 1895 wurde die Kirchengemeinde Holtenau mit den Gutsbezirken Knoop, Stift und Projensdorf gegründet. Es folgte damit die Lösung von der Kirchengemeinde Dänischenhagen, deren Friedhof von den Holtenauern noch bis 1899 benutzt wurde. Der am 28. November 1899 eingeweihte Holtenauer Friedhof liegt nördlich der Dankeskirche. Der Friedhof wurde bereits 1923 erweitert und hat heute eine Größe von 3,7 Hektar.
Abb.: Die Dankeskirche von Norden. Hier wurde nach
dem Ersten Weltkrieg die Kriegergedächtnisstätte
für die Holtenauer Gefallenen errichtet.
Der erste Gottesdienst in Holtenau wurde am 4. August 1895 in der Holtenauer Schule abgehalten. Erster Pastor der Holtenauer Kirchengemeinde war Pastor Wilhelm Julius Hellwag, der drei Tage zuvor in sein neues Amt eingesetzt worden war. Bis 1897 fanden die Gottesdienste in der Holtenauer Schule, dann in der Dankeskirche statt. Im Jahre 1895 zählte die Holtenauer Kirchengemeinde 1.520 Mitglieder.
Abb.: Die Dankeskirche noch auf freiem Feld. Links hinten der Wald Voßbrook. Blick von Südwesten.
Nur ein Jahrzehnt später im Jahr 1905 erschien zum ersten Mal das
Holtenauer Gemeindeblatt und 1909 wurde Else Linnemann – auch Der
gute Geist von Holtenau
genannt — als erste Gemeindeschwester eingestellt.
1882 in Stettin geboren war sie während des Ersten
Weltkrieges als DRK-Schwester in Posen tätig. Nach dem Krieg
kam Frau Linnemann nach Holtenau und arbeitete zunächst im Auftrag
des Kanal-Frauenvereins
und der Kirchengemeinde als Gemeindeschwester. Der
Kanal-Frauenverein unterhielt in Holtenau die Schwesternstation.
Eine kurze Zeit lang war sie dann im Auftrag der Stadt Kiel tätig,
trat jedoch nach ihrer Pensionierung wieder ihren Dienst im
Auftrag der Kirchengemeinde Holtenau an. Sie betreute in dieser
Zeit Pflegebedürftige in Holtenau, Gut Knoop,
Schusterkrug, Gut
Stift und Friedrichshof.
Abb.: Die Dankeskirche vor dem Umbau. Die Grimmstraße ist noch weitestgehend unbebaut.
Die neuen politischen Machtverhältnisse im Dritten
Reich wirkten sich zunehmend erschwerend auf das kirchliche
Leben aus, insbesondere die Vereinnahmung der Jugend durch den
Nationalsozialismus führte dazu, daß insbesondere die kirchliche
Jugendarbeit eingestellt werden mußte. Aber auch andere Formen der
Gemeindearbeit fielen den politischen Verhältnissen zum Opfer.
Noch im Jahre 1933 konnten die Holtenauer mit einem feierlichen
Zug die drei neuen Glocken Glaube
, Liebe
und Hoffnung
auf bunt geschmückten Wagen zur
Dankeskirche geleiten, doch wie ein Menetekel lautete jener
Weihspruch für diese Glocken vom 25. März 1933:
Geweiht in ernster schwerer Zeit, in Volkes tiefer Not, als heil’ger Klang zur Ewigkeit, als Ruf zum starken Gott.
Das vielleicht augenscheinlichste Symbol des Allmachtsanspruchs des NS-Regimes gegenüber der Kirche war der erzwungene Abriß des ursprünglichen Kirchturmes der Dankeskirche wegen des Flugplatzausbaus auf Anordnung des Luftkreiskommandos. Der ehemalige Turm (52 m Höhe) mußte 1935 wegen des Flugplatzes durch einen gedrungenen (26 m Höhe) ersetzt werden. Aus diesem Grund wurde der Kirchturm auch von einem roten Positionslicht gekrönt. Ursprünglich war der hohe Turm für Besucher gesperrt, da er Einblick auf das Fort Holtenau gewährte.
Abb.: Umbau der Dankeskirche. Von der Grimmstraße aus gesehen.
Der alte Turm wurde beim Umbau nach Plänen des Architekten Ernst Prinz (*1878; † 1974) nur zur Hälfte abgetragen und der neue Turm um ihn herum gemauert. Dieses Kuriosum erkennt man auch heute noch anhand der zwei ineinander verschachtelten Treppenhäuser, kleinen Kammern im Inneren und zweier Außenwände in der inneren Mauer. Auch der Dachreiter über der Vierung und die Giebelkrönungen verschwanden im Zuge einer neuen Sachlichkeit. Das Richtfest für den neuen Kirchturm fand am 23. September 1935 statt.
Während des Zweiten Weltkrieges wurde auch die Dankeskirche nicht verschont und im Jahre 1940 durch eine Luftmine beschädigt, wobei das Altarfenster zerstört und anschließend zugemauert wurde. Verschiedene Geistliche übernahmen während der Kriegsjahre ihr Amt in Holtenau, manchmal nur für wenige Monate, was eine kontinuierliche Gemeindearbeit zusätzlich erschwerte. Dies waren die Pastoren Thoböll aus der Wik, Osbahr aus Friedrichsort und der Konsistorialrat Morys.
Abb.: Das wiederhergestellte Altarfenster.
Von den 1933 installierten Bronzeglocken mit den Namen Glaube
,
Hoffnung
und Liebe
, die die alten
Stahlglocken ersetzten, wurden die beiden ersten Glocken während
des Krieges eingeschmolzen. Obwohl diese Glocken für die
Kirchengemeinde gegossen worden waren, teilten sie – ebenso wie
die Messingkronleuchter der Kirche — so das Schicksal des Kaiser-Wilhelm-Denkmals
auf dem Leuchtturmhügel.
Während des Zweiten Weltkrieges wurde das
ehemalige farbenfrohe Fenster hinter dem Altar durch eine Luftmine
zerstört.
Zum 100jährigem Bestehen der Dankeskirche zog die Kirchengemeinde Holtenau über die Zeit im Dritten Reich das folgende Resümee:
Was an kirchlicher Gemeindearbeit einmal in Holtenau bestanden hat, ist im Jahr 1933 restlos zerschlagen worden.
Im Jahre 1936 wurde der alte neugotische Altar durch eine eine
Holzskulpturengruppe unter dem Motto Volk unterm Kreuz
ersetzt, die der Bildhauer Otto Flath geschaffen hatte, und nach
einer Weihfeier am 10. April 1936 aufgestellt.
Abb.: Der Otto Flath-Altar an seinem neuen Platz.
Der aus dem polnischen Lodz stammende Pastor Gerhard Richter übernahm 1945 sein Amt in Holtenau. Er engagierte sich in der unmittelbaren Not der Nachkriegszeit besonders in sozialen Belangen, z. B. in der Betreuung der Flüchtlinge und der Kinder.
Zum 1. Januar 2024 fusionierte die Kirchengemeinde Holtenau mit
den Gemeinden Altenholz, Pries-Friedrichsort und Schilksee-Strande
zur Evangelisch-Lutherischen Kompass-Kirchengemeinde
westlich der Kieler Förde
.
Auf dem Gebiet der ehemaligen Bauernstelle Schulz, auf dem sich in der Nachkriegszeit Kleingärten befanden wurde 1972 das Kurt-Engert-Haus eröffnet.
Das Gemeindehaus wurde 1979
gegenüber dem Pastorat I in der Kastanienallee Nr. 18 errichtet.
An diesem Ort befand sich früher die Gärtnerei Back
(siehe Martha Back) und der Obstgarten Holtenau
.
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Nicht verschwiegen werden soll, daß es neben der protestantischen Gemeinde in Holtenau noch einen Seelsorgebezirk der katholischen Pfarrei Kiel-Nord gibt, für den 1958 am Mählsweg die St. Elisabeth-Kirche erbaut wurde.
© Bert Morio 2019 — Zuletzt geändert: 09-01-2024 20:05