Holtenauer Geschichte
Die Kanalstraße
Der östliche Teil der Kanalstraße wurde bereits 1780 mit dem Bau des Kanaldistriktes angelegt. Am Kanalufer wurde sie 1887-95 als Uferweg
ausgebaut. Die Kanalstraße wurde erst relativ spät befestigt. Vorher führte nur ein unbefestigter
Weg am Eiderkanal entlang zu den Holtenauer Eiderkanalschleusen und von dort aus über den Auberg und die Wik nach Kiel. Die Verlängerung der
Kanalstraße Richtung Westen Richtung Knoop, das Friedrich-Voss-Ufer, wurde erst mit dem Bau der Prinz-Heinrich-Brücke angelegt.
Abb.: Holtenau 1881. Der
Verlauf der späteren Kanalstraße ist noch unbefestigt und führt zu den Holtenauer
Eiderkanalschleusen (links).
In ihrem Anfangsbereich mußte die Kanalstraße wegen der Kanalerweiterung von 1907-14 nach Norden verlegt und die
Häuser bis Nr. 15 abgerissen und zurück verlegt werden. Dann konnten hier auch erst die Platanen gepflanzt werden.
Neben dr Bauphase während des Eiderkanalbaus (die Häuser
Nr. 57-67) wurde der mittlere Abschnitt (die Häuser Nr. 48-50), wurden ab 1910 die Wohnhäuser und
Geschäfte der Häuser Nr. 30-41 errichtet. Vom Ende des 19. Jahrhunderts bis 1930 mehrgeschossige
Mietswohnhäuser. Die Nr. 10-13 wurden zwischen 1910-14 gebaut.
Einzelne Gebäude
- Haus Nr. 1: war die ehemalige Bauernstelle Bansee.
Das nicht mehr vorhandene Haus war mit Reet bedeckt.
- Haus Nr. 4: Die ehemalige Baracke wurde abgerissen.
Abb.: Kanalstraße Nr.
4. Das Gebäude existiert nicht mehr.
- Nr. 5: wurde von Göttsch & Untiedt für Herta Höft (siehe
Bäckerei Höft)gebaut. Es liegt an der Ecke zum Mählsweg.
- Nr. 6: besaß als einziges in der Umgebung einen Luftschutzkeller.
Gehörte der Bundesvermögensverwaltung.
- Nr. 7, 8, 9: jeweils mit Feldsteinsockel.
- Nr. 9: war das ehemalige Haus Nr. 73 bzw. 96 (Vgl.: Giertz 1995)(nummeriert wie früher
üblich nach der Chronologie des Hausbaus). Das Haus wurde vom Lotsen
Schroeder bewohnt:
Seine Frau fertigte Morgenhauben an und verdiente sich damit so viel
Geld, daß sie das Haus erwerben konnten. Eine Tochter heiratete Herrn Wahl und aus dieser Ehe
blieb die einzige Tochter unverheiratet. Sie hieß Ilse Wahl und verkaufte das Haus auf
Leibrente an Herrn Mess.
(Quelle: [Heinrich 2002], S. 39.)
- Nr. 9: Hier wohnte auch der Holtenauer Pastor
Christiansen.
- Nr. 10: wurde 1912 von Klempnermeister Johannes Lucht samt
Werkstatt gebaut. Sein ursprüngliches Haus mußte wegen der Kanalerweiterung abgerissen werden.
Das Material wurde teilweise im neuen Haus verbaut. 1923 wurde von seinem Sohn Hugo dort ein
Geschäft für Schiffsproviant eröffnet. Die Schiffe konnten direkt vor dem Haus an den Dalben
festmachen.
- Nr. 11 / 12: Von Johannes Görtz erbaut.
- Nr. 12a: vor dem Zweiten Weltkrieg gebaut.
- Nr. 13: Hier befand sich früher die Praxis von Dr. Gillner (u. a. auch Sportarzt für den
TuS Holtenau). 1913 mit Laden, gebaut von Göttsch & Untiedt.
Abb.: Die Kanalstraße in den 1930er
Jahren.
- Nr. 14: bewohnte der Medizinalrat Henningsen, der erste Holtenauer Arzt. Das Haus wurde später vom Gemeindevorsteher Ewald
Wendenburg erworben. Im Haus betrieb seine Frau, eine geborene Grimm, für kurze Zeit ein Mädchenpensionat.
- Nr. 15: Das Haus gehörte Familie Grammerstorff und
beherbergte das Café Köpke. Frau Grammerstorff war eine geborene
Köpke. 1897 erbaut und damit eines der ältesten Häuser.
- Nr. 16: wurde von Kapitän Johnasson erbaut, der Kapitän der Kanalfähre war.
- Nr. 17: Das Baumaterial für dieses Haus stammt teilweise aus dem Abbruchmaterial des
ehemaligen
Schmidts Gasthof
und war Wohnhaus
des ersten Holtenauer Polizisten. Erbaut um 1905.
- Das Haus Nr. 20: an der Ecke Jaegerallee gehörte Dr. Doss
(siehe Ärzte), der es während des Zweiten Weltkrieges in den Jahren
1940/41 (Heinrich: 1939 von Stoffers) erbaute. Er hatte in den Räumen auch seine Praxis.
- Das Haus Nr. 21 wurde 1907 (1911) von Herrn Zytsema gebaut, später kam es in den Besitz von
Rechtsanwalt Hochmann. Herr Zytsema war Konsul. Baufirma war Göttsch&Untiedt.
- Das Haus Nr. 22 (links vom Bünting-Haus) beherbergte eine Zeit lang eine Zweigstelle der
Sparkasse. (gehörte dem Schiffsausrüster Bruno Möller, der es der Kirche vermachte.)(Laut
Gisela Heinrich: Von Konsul Grimm 1910 erbaut.)
- Das Haus Nr. 24 (Bünting-Haus) gehörte dem Ehepaar Bünting,
das es der Kirche zur Unterbringung Bedürftiger vermachte.
- Das Haus Nr. 25 beherbergte die Holtenauer Post. Es wurde 1907/08
(Heinrich: 1895) von Göttsch & Untiedt erbaut. 1951 erwarb
es Herr Thiessen. Zeitweise Büro der Barmer Ersatzkasse. Heute Arztpraxis.
Abb.: Die Holtenauer Post in
der Kanalstraße Nr. 25.
- Nr. 25a-c: der langgestreckte Bau wurde vor dem Zweiten Weltkrieg von der Stadt Kiel
gebaut, daher der Name
Städtisches Haus
. Anscheinend nach Entwürfen des
Architekten Ernst Prinz [ext.] (siehe
auch Dankeskirche). Das 1927/28 errichtete Haus steht
unter Denkmalschutz. Es wurde vor einigen Jahren umfassend renoviert, wobei u. a. im
Dachgeschoß großzügige Balkons eingebaut wurden.
- Nr. 26: an der Ecke zur Apenrader Straße wurde 1897
(1898?) vom Bauunternehmer bzw. Maurermeister Hameister für den Telegraphenaufseher beim
Kanalamt Herrn Kahl errichtet. 1937 wurde es von Bauer Christian Röpstorff als Altenteil erworben, der seine Ländereien
samt Haus Lilienthalstraße Nr. 2 für den Ausbau des
Landflugplatzes verkaufen mußte. Von den 1920er Jahren an bis zum
Zweiten Weltkrieg wurde im rechten Erdgeschoß von Frau Ijewski ein Mittagstisch betrieben.
- Nr. 27: jetzt ein Neubau. Hier befand sich ein Flachdachhaus, das Thiede gehörte. Hier
befanden sich zwei Läden. Hier hatte Schiffsausrüster Henry
Peters sein Geschäft für Schiffsproviant und Seekarten. Daneben gab es einen Gemüsestand von
Langkabel, der davor eine Bude am Fähranleger aufgeben mußte.
Zeitweise Blumengeschäft von Tiedemann(?). Zuletzt
CH-Seifen
. Auf der
gegenüberliegenden Straßenseite befand sich bis Anfang der 1970er Jahre eine Bude mit
Blumengeschäft.
- Nr. 28.: 1923 erbaut. 1954 von Frau Kunz erworben, die hier auch einen Hutsalon betrieb.
Später Notar.
Abb.: Ramms Gasthof.
- Nr. 29: war ehemals Ramms Gasthof. Jetzt liegt hier am Hang
ein mehrgeschossiger Neubau.
Abb.: Wandbild im Haus Kanalstraße Nr.
31.
Abb.: Kanalstraße Nr.
31, der Schmidt'sche Block
.
- Nr. 32: wurde vom Kunsttischler Hermann Johann Hinrich Lucht mit Fachwerk verziert. Das
Fachwerk mußte wegen Kriegsschäden wieder entfernt werden. Im Keller bzw. Souterrain befand
sich eine Tischlerei mit Sargmagazin. Später bis 1967 ein
Heißmangelbetrieb.
- Nr. 32a: Jetzt Neubau, früher Anbau des Hotel
Holtenau, dann Bowlingbahn und Kino. In den Neubau lebte viele Jahre lang der ehemalige
SPD-Landespolitiker und Karbarettist Jochen Steffen.
- Nr. 33: war das Hotel Holtenau.
- Nr. 34: beherbergte früher die alte Hafen-Apotheke, anschließend Zahnarzt Dr. Schneider,
danach Friseurladen Brettschneider.
- Nr. 35: 1910 von Schlachtermeister Johannes Mogensen erbaut. Im
rechten Teil des Hauses Zigarrenladen von Heinrich und Elisabeth Romeike, später
Friseurgeschäft Paul Fritsche (war unter anderem Führer der Holtenauer
Feuerwehr).
- Nr. 36: 1911/12 von Alex Peters gebaut. Nikolaus Traulsen. Das Wohn- und Geschäftshaus
wurde zuerst an Clausen & Hinz verpachtet und später von der Besitzerfamilie bis 1990 als
Holtenauer Kaufhaus geführt. Im linken Teil des Hauses
befand sich zuletzt von Frau Koch geführt auch der letzte
überlebende Lebensmittelladen Holtenaus. Nach Plänen des Technikers Hans Brügmann.
- Nr. 37: Kieler Spar- und Leihkasse. Stadtverwaltung und
Standesamt. 1926 von der Stadt Kiel erbaut. Vorher befand sich
hier eine Sandkuhle mit Müllkippe.
- Nr. 38: 1927/28 von Frau Schneider, geborene Stender (siehe Bäckerei Stander Schwester-Therese-Straße), erbaut. Seit 1953 befand sich
hier die Hafen-Apotheke, davor das Café Günther.
- Nr. 39:
- Nr. 40: vom Kanalsteurer Romeike erbaut, der nach einer Erbschaft einen Schiffshandel
aufmachte, die jedoch später auf die Schleuse verlegt wurde (laut Gisela Heinrich: bewohnte
Romeike, der ein Geschäft betrieb, das später von Jenß übernommen
wurde.). Gegenüber dem Gebäude auf der Grünfläche westlich der Auffahrt zur Schleuse stand vor
und während des Zweiten Weltkriegs eine Baracke, die zuerst als Laden und dann als
Polizeibaracke diente. Sie war auch der Bereitschaftsraum der Hitlerjugend bei ihren Einsätzen als Hilfsfeuerwehr bei Luftangriffen.
- Nr. 41: wurde von Wilstermann gebaut. Hier gab es einen Papierladen von Friedel Kunze,
später Arno Ritsch. Das Haus wurde 1909 nach einem Entwurf von W. Stoltenberg und dem
Baugeschäft Joh. Burchard errichtet.
- Nr. 42: Schiffsausrüster G. zur Mühlen, dann ab 1938
Jacobs Feinkostladen. Filiale der Brotfabrik Kilia. Arthur
Göttel Fischladen. Noch heute kann man im Giebel des Hauses ein Segelschiff sehen. Zeitweise
drei verschiedene Geschäfte gleichzeitig.
Abb.: Kanalstraße Nr.
42 mit dem Geschäft vom Schiffsausrüster G. zur Mühlen.
- Nr. 43: nach einem Entwurf von Richard Janssen 1927/28 errichtet.
- Nr. 44: Altenteilerhaus — wurde 1887/88 von Zimmermeister J. Rieper für den Kunsttischler
J. Lucht nach dem Verkauf von
Dreikronen
gebaut. Es gehörte seit 1920 Lorenz
Christensen, der es 1923 um einen rechten Flügel erweiterte; das Schiffsausrüstergeschäft
befand sich im Erdgeschoß des Altbaus (Schiffsausrüster Christensen & Samsoe). Früher gab es am Ort der Treppe eine
Auffahrt für Pferdefuhrwerke. 1944 wurde das Gebäude durch Fliegerbomben beschädigt. Unterhalb
des Grundstücks gibt eine damals zum Laden ausgebaute Garage, die u. a. den Elektroladen
Marwedel, später dann ein Maleratelier und einen Kunstgewerbegeschäft beherbergte. Gegenüber
dem Haus befindet sich der Anleger des letzten Holtenauer Fischers. Früher machten hier Schiffe aus dem Alten Land fest und
verkauften ihr Obst.
Abb.: Kanalstraße
Nr. 44. Unten der Laden für Handswerkskunst. [© Gisela
Heinrich]
- Nr. 45: An dieser Stelle wurde zu Beginn der 1920er Jahre der Hang abgetragen und ein Haus
für die Schiffsausrüsterfirma
Schütt & Sieck
errichtet, später Schiffshändler
Mahlstedt, nach dessen Konkurs in den 1930er Jahren das Haus von Max
Lucks (siehe Nr. 46) gekauft wurde.
- Nr. 46: Polizeirevier. Das Haus wurde 1895 von Lucks gebaut. Die
Treppe neben dem Haus wurde nach dem Zweiten Weltkrieg angelegt (
Polizeitreppe
Lucksberg
).
Abb.: Kanalstraße Nr. 46. Wetterfahne mit der Jahreszahl 1895.
- Nr. 47: an der Treppe war das Haus des Hafenkapitäns. Es
wohnten hier Hafenkapitän Fuchs, dann Grumkow, anschließend Schleusenmeister Kaiser.
- Nr. 48/49: Doppelhaus, ursprünglich Dienstwohnung des Oberlotsen.
- Nr. 50: an der Ecke zur Kastanienallee gelegen
ursprünglich die Dienstwohnung des Hafenkapitäns.
- Nr. 55: 1928 für Hans Grimm vom Architekten Ernst Stoffers [ext.] erbautes
expressionistisches dunkles Klinkergebäude.
Die ursprünglich sehr spitze Kurve der Kanalstraße zur Kastanienallee hin mußte wegen des Busverkehrs
neu gestaltet werden. Dahinter bewegt sich die Kanalstraße vom Wasser weg am Kanalpackhaus entlang.
Abb.: Das Kanalpackhaus im Frühjahr 2019. [© Bert Morio 2019]
Die Bauten der Kanalstraße Nr. 57-67 wurden in den Jahren 1774-84 für die Verwaltung des
Eiderkanals errichtet. Sie bildeten eine symmetrische Anlage mit dem
Kanalpackhaus als Mittelpunkt. Das gesamte Ensemble steht seit 1988 unter Denkmalschutz, das
Kanalpackhaus bereits seit 1978.
- Nr. 57: ehemals Schiffsausrüster Ankersen bis 1952, dann Lokal
Eiche Boje
, in den Jahren 1987/88 Umbau zu einem
Wohnhaus, wobei das Haus bis auf die Außenmauern neu errichtet wurde.
- Nr. 59: ehemaliges Diensthaus des Kanalmeisters des Eiderkanals.
Der letzte hier wohnende Kanalmeister hieß Lüders.
- Nr. 61-65: Kanalpackhaus.
- Nr. 64: Seemannsheim (siehe Seemannsmission). Von Kurt
Stoltenberg aus Altona im Jahr 1934 erbaut.
- Nr. 67: Ursprünglich Zollhaus zur Zeit des Eiderkanals, später die
Wohnung von Kohlenhändler Willi Grimm. Das Haus wurde 1994/95
restauriert. Dahinter eine zum Wohnhaus umgebaute querstehende ursprüngliche Scheune. Beide
Gebäude stehen unter Denkmalschutz.
- (Nr. 69:) hier stand bis in die 1960er Jahre ein wie Nr. 57 aussehendes Haus, das das
Restaurant "Zur Kanalmündung" beherbergte.
Daneben stand die ehemalige Treidelpferdescheune von Bauer
Schulz, die im Zweiten Weltkrieg zerstört wurde. Heute befindet sich an dieser Stelle der
Treppenaufgang zum Kurt-Engert-Haus. Zur Bauernstelle Schulz
gehörte früher das Gelände bis hinauf zur Dankeskirche.
- Nr. 70: Dienstwohnung des Leiters des Wasserbauamtes (des Baurats Hayßen, siehe Hayßenstraße), früher des Präsidenten des Kanalamtes. Kurz vor 1900 errichtet.
Abb.: Haus Kanalstraße
Nr. 75. Das Haus wurde in den 1980er Jahren renoviert.
- Nr. 77: ehemaliges Lotsenhaus. Hier wohnte auch der Wirt der
Wartehalle
. Im Lotsenhaus hielten sich früher die
Lotsen bereit, bis sie (früher vom Lotsenturm aus) zum Einsatz
gerufen wurden.
Abb.: Kanalstraße
Nr. 31. Die Platanen sind inzwischen gefällt.
Abb.: Die Kanalstraße Nr. 38 im Februar 2019. Viele
Häuser wurden in den letzten Jahren renoviert und die Dachböden ausgebaut. Vorne rechts das Haus
der ehemaligen Hafen Apotheke
.
Die Kanalstraße in Holtenau ist immer noch eine Flaniermeile — aber nur sonntags und
dann nur bei schönem Wetter. Das aber hilft den wenigen übrig gebliebenen Geschäftsleuten
nicht, weil ihre Läden an diesem Tag geschlossen sind. Und weil in den dunklen Monaten auch die
Segler ausbleiben, ist jetzt hier der Winterschlaf eingekehrt.
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Siehe auch:
© Bert Morio 2019 — Zuletzt geändert:
24-08-2022
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